Intern
Institut für Evangelische Theologie und Religionspädagogik

Wozu antisemitismuskritische Bildung?

Zunehmende antisemitische Vorfälle und Übergriffe sowie Ergebnisse aktueller Studien, die nachgewiesen haben, wie gering das Wissen über Judentum, die jüdische Religion oder die Shoah in der deutschen Gesellschaft ist, fordern unsere Gesellschaft zum aktiven Handeln gegen Antisemitismus auf. Besonders im Rahmen der Humanwissenschaften ist auch die wissenschaftliche Bildung dazu aufgerufen, hier Beiträge zu leisten und hochschulbildende Maßnahmen zu etablieren, die befähigend gegen Antisemitismus wirken.

Weshalb antisemitismuskritische Bildung für die schulische Praxis?

Antisemitismus in der Schule ist ein Phänomen, das erst seit wenigen Jahren mediale und politische Aufmerksamkeit bekommt, obwohl es seitens der Betroffenen bereits sehr lange beklagt wird. Es beginnt mit Sticheleien, Beschimpfungen und endet im schlimmsten Fall mit körperlicher Gewalt oder antisemitisch aufgeladenem Mobbing. Schulen müssen deshalb dringend befähigt werden, mit Diversität, gruppenbezogenen Konflikten, Antisemitismus und Rassismus kompetent und vor allem rechtzeitig umzugehen, noch bevor es zu Ausfällen kommt. Hierfür bedarf es auch eines Wissens um lebensweltliche Herausforderungen des gegenwärtigen Judentums in Deutschland und Europa.  

Eine der wichtigsten Herausforderungen der pädagogischen und bildungspolitischen Praxis im Hinblick auf Antisemitismus besteht darin, seine aktuellen Erscheinungsformen zu erkennen und ihre Wirkung einzuschätzen. Erforderlich sind hierbei Kenntnisse darüber, mit welchen pädagogischen Ansätzen welcher Form von Antisemitismus begegnet werden kann.
Bei den Adressat:innen pädagogischer Interventionen ist oftmals nicht von einem geschlossenen antisemitischen Weltbild auszugehen. Es zeigen sich aber verschiedene Erscheinungsformen des Antisemitismus, die in der Regel miteinander verknüpft sind. Dazu gehören:

  • Antisemitismus als Ausdruck tradierter Stereotypen
  • Auf Verschwörungstheorien basierender Antisemitismus
  • Antisemitismus als Abwehr gegen die Auseinandersetzung mit einer schuldbelasteten Vergangenheit
  • Antisemitismus als Resultat eigener Diskriminierungserfahrungen
  • Antisemitismus im Kontext des Nahostkonflikts

Ziel der Bildungsarbeit gegen Antisemitismus ist es daher, vorliegende pädagogische und methodische Überlegungen dahingehend zu erweitern, dass Antisemitismus im Kontext aktueller gesellschaftlicher Verhältnisse eingeordnet und entsprechende Lernräume eingerichtet werden können.